Mittwoch, 16. Januar 2013

Der Stolz des Kardinals


Vor langer Zeit, als Kardinal Cullen lebte, wurde in Dublin ein Priester zu einem Kranken gerufen. Der Kranke befand sich in einem Gasthaus, dessen Besitzer ein Protestant war. Es war eine stürmische und kalte Nacht. Als der Bote zum Priester kam, machte sich dieser sofort auf den Weg. Er kämpfte sich durch Schneematsch und Schlamm und erreichte schließlich das Gasthaus, suchte den Kranken auf und spendete die Sakramente. All dies verlief vollkommen normal. Bis hierhin; denn nun dachte der Besitzer, dass er ein wenig missionieren sollte, und lud den Priester in sein Wohnzimmer ein. Nachdem er einige Erfrischungen angeboten hatte, verriet sich der protestantische Missionar.

„Pater,“, so sagte er, „wenn man nur an den Stolz und die Faulheit dieser Bischöfe und Kardinäle denkt! Ist es nicht ungeheuerlich! Ich wette mit Ihnen, dass der Kardinal Sie auf diesen langen Marsch durch den Schnee geschickt hat, während er sich seine Füße wärmt und einen Tasse guten, warmen Punsch trinkt.“ — „Ich denke, sie tun ihm Unrecht.“ —„Wieso?“—„Weil er nichts dergleichen tut.“ — „Was Sie nur sagen! Woher wissen Sie das?“ — „Ich weiß das aus der besten Quelle. Sie haben mich noch nicht nach meinem Namen gefragt.“ — „Ihr Name! Wie heißen Sie denn?“ — „Cullen, Kardinal Cullen.“

Sofort sprang der Gastwirt auf, und nahm seinen Hut ab. „Bitten verzeihen Sie mir, Eminenz! Ich sprach aus Unwissenheit. Soll ich Eurer Eminenz eine Kutsche rufen?“ – „Oh nein, ich gehe so zurück, wie ich gekommen bin; ich bin solche Reisen gewohnt.“

Der Kardinal ging. Einige Tage später suchte der Gastwirt einen Priester auf, um sich im Glauben unterrichten zu lassen, und wurde schließlich in die Kirche aufgenommen. Dies ist eine wahre Begebenheit.