Donnerstag, 14. Mai 2009

Zur Schuld der Katholischen Kirche an der Vernichtung der Juden

Dieser Brief von P. Groppe steht heute in der FAZ, es geht um die Schuld der Kirche am Holcaust:

Eine Schublade voller päpstlicher Proteste

Zum Gespräch "In Israel geht es den Christen gut" (F.A.Z. vom 4. Mai): Es ist kaum nachzuvollziehen, dass Odet Ben-Hur, der von 2003 bis 2008 Botschafter beim Heiligen Stuhl war, nicht die übereinstimmende Wertschätzung offizieller jüdischer Stellen für Papst Pius XII. kennen sollte.

Der jüdische Historiker und Theologe Pinchas E. Lapide veröffentlichte 1967 sein "Anti-Hochhuth-Buch" "Rom und die Juden", das auf dreijähriger Forschungsarbeit in vorwiegend jüdischen Archiven beruht. Es waren dies die Hebräische Universität und Nationalbibliothek in Yad Vashem, die Memorial-Behörde Israel, die Zionistischen Zentralarchive und die Allgemeinen Archive für jüdische Geschichte in Jerusalem.

Aufgrund seiner Forschungen kommt Lapide auf eine Zahl von mindestens 700 000, wahrscheinlich sogar 860 000 Juden, die unter dem Pontifikat von Pius XII. durch die katholische Kirche gerettet wurden, weit mehr als von allen anderen Kirchen, religiösen Einrichtungen und Hilfsorganisationen zusammengenommen, inbegriffen nicht zuletzt das internationale Rote Kreuz und die westlichen Demokratien.

Wenn in Yad Vashem Pius XII. bezichtigt wird, selbst dann nicht für die Juden eingetreten zu sein, als sie von Rom nach Auschwitz deportiert wurden, ist dies völlig absurd. Zwar wurden 1127 Juden aus Rom verschleppt - bevor der Papst hiervon erfuhr -, aber nachdem er informiert wurde, wurden auf seine Weisung exakt 4447 Juden in 102 Schwesterhäusern, 45 Männerklöstern und acht weiteren Institutionen versteckt.

Wie steht es um das "Schweigen" des Papstes gegenüber den Verbrechen an den Juden? Außenminister von Ribbentrop erklärte im Nürnberger Prozess, es habe "eine ganze Schublade päpstlicher Proteste gegeben". Lapide betont, dass der Vorwurf des "Schweigens" nie zuvor von jüdischer Seite erhoben wurde.

Als Pius XII. 1958 starb, schickte die damalige Außenministerin Golda Meir ein Telegramm an den Heiligen Stuhl, in dem es heißt:

"Wir trauern mit der Menschheit um das Hinscheiden Seiner Heiligkeit Pius XII. In einer Generation, die von Krieg und Zwietracht heimgesucht wurde, hielt er die Ideale des Friedens und des Mitleids hoch.
Als unser Volk während des Jahrzehnts des Naziterrors ein furchtbares Martyrium durchlitt, erhob der Papst seine Stimme für die Opfer."


Und der Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses bezeichnete ihn als "einen der größten geistigen Führer unserer Zeit: Seine Heiligkeit erhob seine Stimme in einem eloquenten Aufruf für die grundlegenden Prinzipien der Gerechtigkeit, der Nächstenliebe und der Gastfreundschaft für Verfolgte, sei es wegen der Rasse oder Religion, die aus ihrem Land durch beschämende Verfolgung vertrieben wurden."

P. LOTHAR GROPPE SJ, KÖLN

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